Asbest: Vorhanden oder nicht vorhanden?
Der Bauausschuss hat den Abriss der alten Amtsgerichtsgebäude genehmigt, obwohl noch kein Bauantrag für den Neubau vorliegt, wegen des oben dargestellten Streits. Rechtlich ist das wohl möglich.
Es ist also damit zu rechnen, dass der Abriss im Sommer beginnt. Man darf gespannt sein, ob und wie die AnwohnerInnen vorab über den Abriss, über Sicherungsmaßnahmen wegen der angeblich hohen Asbestbelastung in den alten Gebäuden und über die erheblichen Lärm- und Staubbelästigungen informiert werden.
Beim aktuellen Abriss des sogenannten Saalgebäudes wurde darauf verzichtet. Es hat sich auf einmal auch herausgestellt, dass es dort überhaupt keine Asbestbelastung gibt. Was ja gut ist. Nur: Der gesamte Abriss der Gebäude wurde hautpsächlich mit der Asbestbelastung begründet.
Informationen aus fachkundigen und objektkundigen Kreisen lassen folgenden Schluss zu:
Eine Fachmeinung behauptet, dass ein Abriss der Gebäude nicht mit der Asbestbelastung zu begründen sei, denn es gab und gibt keine nennenswerten akuten Asbestbelastungen in den Gebäuden. Der dort vorhandene Asbest ist allenfalls auf den
konstruktiven Metallträgern und in den mobilen Zwischenwänden vorhanden. Wenn sich also nichts am Gebäude ändert, wird kein Asbest freigesetzt. Eine Belastung von Personen, AnwohnerInnen und Arbeitskräften ist dann nicht vorhanden.
Der Abriss war nicht alternativlos !
Die Gebäude sind aber in einem schlechten energetischen Gesamtzustand. Es hätte deshalb Sanierungsbedarf gegeben, der dann doch zu Asbestproblemen bei den durchzuführenden Arbeiten geführt hätte. Die as-bestbelasteten Gebäudeteile hätten bearbeitet werden müssen.
Diese Art der Sanierung fand wohl beim Zollamt statt, das vor ca. 20 Jahren vollständig entkernt und neu aufgebaut wurde.
Diese Form der Sanierung stand aber beim Amtsgericht nicht zur Debatte, weil sie angeblich zu teuer, nicht den modernen Raum-anforderungen der Justiz und vor allem nicht dem finanziellen Interesse des Landes Baden-Württemberg genügt hätte.
Deshalb haben das Land Baden-Württemberg und STRABAG den Abriss der Gebäude und den Neubau der Justiz in verdichteter Form vorgezogen. Dadurch konnten auch große Teile der frei werdenden Bauflächen an die Fa. STRABAG verkauft werden. Angeblich zum finanziellen Nutzen des Landes Baden-Württemberg. Was aber erst noch zu beweisen ist.
Der jetzige Abriss der alten Amtsgerichts- und Finanzamtsgebäude erfordert einen gigantischer energetischen Aufwand. Das kann jeder Laie beim Abriss beobachten. Die Substanz dieser Gebäude ist mehr als stabil. Eine vergleichende ökologische Bilanz zwischen Abriss, Neubau und energetischer Sanierung hat weder die Umwelthauptstadt Heidelberg, noch das Land Baden-Württemberg eingefordert oder gar erstellt. Zumindest ist davon nichts bekannt.
Möglich und sinnvoll wäre gewesen, die Gebäude umfassend zu sanieren, die Fassaden zu verändern und eine neue Nutzung dort unterzubringen. Die Justiz hätte bspw. problemlos in der Bahnstadt ihr volles Raumprogramm realisieren können. Das hätte viel politischen Ärger erspart.
Es wird nun also abgerissen.
Ob und wo tatsächlich asbesthaltige Baustoffe in den Bestandsgebäuden vorhanden sind, kann auch das Umweltamt bis jetzt nicht angeben. Das haben Nachfragen der BI Lebendige Bahnhofstraße ergeben. Ein Schadstoffkataster gibt es bis dato auch noch nicht. Vor dem Abriss angeblich belasteter Gebäude ist ein Schadstoffkataster eigentlich gesetzlich vorgeschrieben.
Das Umweltamt untersucht stattdessen abschnittsweise die Baukörper auf Belastungen während des Abrisses und veranlasst dann die notwendigen Sicherheitsauflagen gegenüber dem Bauträger und den durchführenden Firmen. Information der Öffentlichkeit über den Abriss und evtl. entstehende Beeinträchtigungen der AnwohnerInnen, zu ergreifende Sicherheitsmaßnahmen usw. seien Aufgabe von STRABAG. Das meint das städtische Umweltamt. Dass STRABAG aber keine befriedigende Informationspolitik mache, ärgert auch das Umweltamt, erfuhr die BI Lebendige Bahnhofstraße. Warum das Umweltamt keine eigene Informationspolitik betrieben habe, diese Frage blieb leider unbeantwortet.
Kommentar
Man muss den Eindruck gewinnen, dass weder die Justiz, noch STRABAG und auch nicht die Stadt Heidelberg beim Thema Asbest mit dem sachunkundigen Bürger ehrlich und fair umgegangen ist und bis heute auch nicht umgeht. Stattdessen wurde das Asbest-thema instrumentalisiert, um den Bebauungsplan und den Neubau der Justiz durchzupeitschen.
Die von der Justiz, der Stadtverwaltung und auch von GemeinderätInnen ständig erhobene Behauptung, der Abriss der Gebäude sei vor allem aus Gründen des Schutzes der dort arbeitenden Menschen zwingend notwendig und damit alternativlos, ist unhaltbar. Das ist eine vorgeschobene Begründung für einen großen Immobiliendeal in zentraler städtebaulicher Lage in Heidelberg zu Lasten der AnwohnerInnen und einer qualitativ guten Stadtentwicklung.
Dass der internationale Baukonzern STRABAG an einem Bauvorhaben mit einem Bauvolumen von ca. 100 Mio Euro ein grosses Interesse hat und nichts unversucht lässt, um dieses Bauvorhaben maximal umzusetzen, und dabei auch die Öffentlichkeit mit falschen Versprechungen hinters Licht führt, verwundert nicht. Denn das Kapital kennt keine moralischen und demokratischen Grenzen und Prinzipien bei der Durchsetzung der ökonomisch maximalen Rendite. Es sei denn, die Politik und der Staat (Kommune und Land) würden diese Grenzen wirkungsvoll setzen.
Wie man weiß, war das zu viel verlangt. Das beunruhigt die aktive Bürgerschaft.
Zu fordern ist nun, dass vor Beginn des Abrisses der drei noch stehenden Gebäude die Öffentlichkeit endlich umfassend und ehrlich über die tatsächliche Belastung mit Asbest und anderen Schadstoffen unterrichtet wird.
Die Karten müssen nun auf den Tisch !
Eines der wesentlichen Ziele des Bebauungsplans ist die bessere städtebauliche Verbindung zwischen Weststadt und Bergheim. Die Barrierewirkung der stark befahrenen Kurfürsten-Anlage soll reduziert werden. Die Verkehrskonzepte Bahnhofstraße und Kurfürsten-Anlage sind deshalb auch Bestandteil des Bebauungsplans. Wenn dieser nun geändert wird, kann also auch Einfluß auf diese Konzepte genommen werden.
Bei der Umsetzung dieser Ziele sollte die Verkehrsplanung vor allem FußgängerInnen und RadfahrerInnen im Blick haben, denn diese VerkehrsteilnehmerInnen sind am meisten durch die trennende Wirkung der Kurfürsten-Anlage beeinträchtigt.
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