Will STRABAG 6 Mio Euro Schadensersatz von Heidelberg ?
Kein günstiger Wohnraum – keine Kindertagesstätte – billige Fassade
Nach noch unbestätigten Gerüchten will STRABAG angeblich von der Stadt Heidelberg 6 Mio Euro Schadensersatz haben, weil sie nicht die sogenannten Staffelgeschosse bauen darf. Auf der Basis des Bebauungsplans 2008 wäre diese hohe Bebauung möglich gewesen. Ende 2010 ist dieser Bebauungsplan vom Gemeinderat außer Kraft gesetzt worden.
Die Schadensersatzforderung setzt sich zusammen aus 1,5 Mio. Euro für den Wertverlust für Grund und Boden und 4,5 Mio für entgangene Mietgewinne. Als weiteren Ausgleich will STRABAG die Gebäude tiefer bauen, also noch mehr verdichten. Die geplanten Wohnungen mit günstiger Miete (15 % der geplanten Wohnungen, 7,40 Euro je Quadratmeter) und die Kindertagesstätte möchte STRABAG auch nicht mehr bauen. Günstiger Wohnraum und Kindertagesstätte waren im städtebaulichen Vertrag von Juni 2008 mit STRABAG vereinbart worden. Stattdessen sollen nun neben teuren Wohnungen noch 295 Appartements für Studierende gebaut werden. Die eh schon sehr preisgünstige Bauweise soll noch billiger werden: STRABAG will bei den Fassaden Kosten sparen.
Weiter hört man, dass die Stadt Heidelberg bereit sei, 1,5 Mio Euro zu bezahlen. Aber, wie gesagt: das sind unbestätigte Gerüchte.
Gibt es Argumente für STRABAG-Schadensersatz ?
Das Baugebiet Bahnhofstraße/Kurfürsten-Anlage steht unter keinem guten Omen. Die bereits 2005 begonnene Misere um die Entwicklung des größten innerstädtischen Entwicklungsgebiets geht nun in eine weitere kritische Phase. Wenn die Gerüchte stimmen, will STRABAG 6 Mio Euro Schadensersatz von der Stadt Heidelberg. Denn dieVeränderungssperre und die vorgesehene Bebauungsplanänderung vermindern die maximale wirtschaftliche Verwertung dieser Grundstücke. Es stellen sich einige Fragen.
Zugelassene Bauhöhen beim Grundstückskauf 2007
STRABAG bzw. Züblin, hat die Baufläche 2007 vom Land Baden-Württemberg erworben. Zum Zeitpunkt des Erwerbs gab es nur den alten Bebauungsplan aus dem Jahr 1960 und einen Baudichteplan der an der Bahnhofstraße eine Traufhöhe von 15 m zuließ. Zum Zeitpunkt des Kaufs durch Züblin gab es also nur ein Baurecht für Neubauten bis zu 15 m Höhe. Heute will STRABAG aber wesentlich höher bauen. Es stellt sich die Frage, ob STRABAG überhaupt einen Schaden erlitten hat, denn der Kauf fand unter anderen Bedingungen statt. Es sei denn, dass es informelle Vereinbarungen zwischen Land, Stadt und Züblin gegeben hat, die die noch gar nicht beschlossene neue Bauhöhe in Aussicht stellten. Nur: wenn es dazu keine Verträge gibt, spielen solche Hinterzimmervereinbarungen keine große Rolle.
Öffentliche Versprechungen von Züblin / STRABAG 2008 und 2009
Um das sechste Stockwerk beim Justizzentrum durchzusetzen, versprachen die Züblin/STRABAG Vertreter mehrfach in der Öffentlichkeit, bei den weiteren Gebäuden nur 4 Stockwerke in der Bahnhofstraße und 5 Stockwerke in der Kurfürsten-Anlage zu bauen. Aber: Auch diese öffentlichen Versprechungen haben nicht den Charakter eines rechtsverbindlichen Vertrags. Aus juristischer Sicht ist natürlich der Bebauungsplan maßgeblich, auf den sich STRABAG beruft. Der Bebauungsplan 2008 lässt 4 bzw. 5 Stockwerke + Staffelgeschoss zu. Weil die Heidelberger Stadtverwaltung und der beschliessende Gemeinderat 2008 unprofessionell baurechtliche Fakten schufen, die sie angeblich gar nicht wollten, hat heute STRABAG scheinbar juristische Argumente zur Hand, seine Forderung nach dem Staffelgeschoss zumindest zu erheben.
Ist die Höhe des Schadensersatzes plausibel ?
Nach eigenen Schätzungen kann STRABAG ca. 3.000 qm teuer zu vermietende Wohnfläche (Penthäuser) wegen der Veränderungssperre und des neuen Bebauungsplans nicht herstellen und deswegen auch nicht verkaufen. Wenn nun STRABAG für ca. 3.000 qm Fläche einen wirtschaftlichen Schaden von ca. 6 Mio Euro geltend machen will, sind das pro qm Wohnfläche ca. 2.000 Euro. Nach fachkundiger Meinung liegen die Herstellungskosten des geplanten Baukörpers durchschnittlich nicht höher als 2.000 Euro bis 3.000 Euro je qm Nutzfläche, inkl. Nebenflächen und Nebenkosten. Aber ohne unternehmerischen Gewinn. Mit unternehmerischen Gewinn ( 2.000 Euro je qm)kostet ein Quadratmeter dann ca. 4.000 bis 5.000 Euro. 2.000 Euro je qm Wohnfläche sind eine durchaus gute Gewinnmarge für STRABAG.
Aber: Da das 6. Stockwerk des Justizzentrums ein Entgegenkommen für das Land und STRABAG war, müssten die dadurch gewonnene 2.000 qm Fläche mit dem kalkulatorschen Verlust der nicht genehmigungsfähigen Staffelgeschosse gegengerechnet werden.
Aber auch diese Rechnung hat einen Haken: denn STRABAG müsste ja gar kein Kapital einsetzen, um Staffelgeschosse zu bauen. Wer nichts investieren muss, darf dann auch nicht seinen vollen unternehmerischen Gewinn als entgangen einfordern.
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass die Stadt Heidelberg äußerst großzügig öffentliche Erschließungskosten in Höhe von ca. 1,2 Mio Euro übernommen hat (siehe nebenstehende Rechnung), dann sollte STRABAG es einfach mal gut sein lassen. Das ist natürlich naiv gedacht.
Letzte Frage: Wer trägt denn die Verantwortung für dieses Ungemach ?
Diese Antwort ist vergleichsweise einfach:
1. Das Stadtplanungsamt, als aufstellende Fachbehörde, das wissentlich einen Bebaungsplan vorgelegt hat, der nicht den öffentlichen Versprechungen entsprach.
2. Oberbürgermeister und Baubürgermeister (damals Prof. Dr. Rhaban von der Malsburg, CDU) als Verwaltungsverantwortliche und Chefs des Stadtplanungsamt und natürlich
3. der damalige konservativ-bürgerliche Block im Gemeinderat, der den Bebauungsplan beschlossen hat. In diesen Kreisen gibt es genügend juristischen Sachverstand, der die Rechtslage einschätzen konnte.
Wenn tatsächlich Schadensersatz an STRABAG fließen würde: Es ist anzunehmen, dass keiner der Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Auf jeden Fall ist es richtig, den juristischen Streit vor Gericht zu suchen. Denn dort müsste STRABAG seine gesamte Baukalkulation zur Begründung seines Schadensersatzanspruches öffentlich darlegen.
Welcher Konzern macht das schon gerne?
6 Mio Euro: damit könnte man bspw. 30 Wohnungen je 100 qm günstigen Wohnraum herstellen.
Letzte Kommentare