(wg) Angesagt von der Verwaltung war eine Informationsveranstaltung zum Bauablauf des Umbaus der Bahnhofstraße. Erwartet hatten die Bürger aber eine nachgebesserte straßenräumliche Planung. Heraus kam eine Veranstaltung, in dessen Verlauf stellenweise dem Sitzungsleiter Bgm. Stadel nicht nur die Hoheit über die Themen sondern auch die professionell freundlichen Gesichtszüge entglitten. Abgesehen von kleinen kosmetischen Änderungen bleiben die grundsätzlichen Planungsmängel bestehen.
Die sachlichen Informationen, die die Stadt mitzuteilen hatte, sind schnell dargestellt
Bauablauf: Der Umbau beginnt am 12. August 2013 und wird voraussichtlich am 30.6.2014 enden. Es wird 3 Bauphasen geben. Während dieser Zeit ist die Bahnhofstraße in der Regel nur in einer Richtung befahrbar. Auf die Bedürfnisse der Anwohner und der Gewerbetreibenden soll Rücksicht genommen werden. Die Details, wie man das für die Gewerbetreibenden regeln will, konnten allerdings in der Veranstaltung nicht besprochen werden. Das wird Gegenstand einer weiteren Informationsrunde sein, die mit den Gewerbetreibenden alleine stattfinden wird. Gewerbetreibende, die gerade wegen diesen Informationen aus überregionalen Firmenzentralen anreisten, waren, wie man hört, darüber verärgert. Sie wären erst gar nicht angereist, wenn sie das gewusst hätten.
Was wird denn nun überhaupt in der Bahnhofstraße gebaut ?
Es werden zwei Fahrspuren hergestellt, die durch einen ca. 1,50 Meter breiten, ebenerdigen Mittelstreifen getrennt sind. Auf der nördlichen und südlichen Seite gibt es meist Längsparkplätze sowie jeweils einen ca. 4 Meter breiten Gehweg. Auf der Südseite werden insgesamt einige Platanen neu gepflanzt. Die Verkehrsgeschwindigkeit wird auf Tempo 20 begrenzt. Deshalb braucht man auch keine Radfahrstreifen. Die Umbaumaßnahme kostet ca. 2,25 Mio. Euro.
2 kleine Planungskorrekturen sind vorgesehen
- Der aus Osten kommende Radverkehr wird nun auf der Nordseite der Bahnhofstraße über eine kleine Radfurt zur Ringstraße/Römerstraße über die vorhandene Verkehrsinsel weitergeleitet.
- Vor dem Cafe P 11 wird die Gehwegfläche in den Straßenraum hinein auf geweitet, damit die Außenbewirtschaftung etwas mehr Raum hat.
Gestalterisches Highlight
Ausführlich begründet die Stadt die Auswahl des Gehwegpflasters. Passend zum großflächigen Baukubus der modernen Plattenbauten erhält die Nordseite großflächiges Gehwegpflaster. Passend zur historischen Bebauung wird auf der Südseite kleinformatiges Pflaster gelegt. Damit wolle man auch die Grenze zwischen Weststadt und Bergheim betonen. Wer von der Weststadt nach Bergheim mit dem Hubschrauber fliegt, hat künftig eine gute Orientierung, wann er die Hoheitsgebiete der Stadtteilvereine wechselt.
Ansonsten bleibt alles wie geplant
- am unbefriedigenden Übergangsbereich von der Bahnhofstraße zum Römerkreis, insbesondere für den Radverkehr, wird nichts geändert. Denn das hätte nochmals 700.000 Euro gekostet. Wenn irgendwann einmal das 7 stöckige Kopfgebäude am Römerkreis auf der Fläche des jetzigen Zollgebäudes gebaut ist, dann würde dieser Verkehrsbereich sowieso umgebaut werden müssen. Solange müsse man sich aber gedulden. Über die Mängel, die nun nicht beseitigt werden, siehe Stadtblattartikel vom 5.3.2013.
- Es werden zwar 86 oberirdische Radparkplätze in der Bahnhofstraße angelegt. Sie befinden sich aber alle an der Südseite der Bahnhofstraße. Vor den Gewerbeflächen ( u.a. ein großer Supermarkt ) an der Nordseite sind keine oberirdischen Radparkplätze vorgesehen. Auch vor den Eingangsbereichen der Geschäfte in der verlängerten Kleinschmidtstraße gibt es keine oberirdischen Radparkplätze, stattdessen in der ersten Tiefgaragenebene unter dem Supermarkt. Erreichbar über eine Autorampe mit 15 % iger Steigung.
Es ist bei den Bäumen, wie im richtigen Leben: Man habe sich nun mal trennen müssen !
- Bäume: es werden „verkehrsgerechte“ Platanen in mittlerer Größe gepflanzt. Der Kronenbereich wird sich aus Rücksicht auf den Autoverkehr nicht zu sehr in den Straßenraum hinein entwickeln können. Der Wuchs der Bäume ist wegen den vielen unterirdisch verlaufenden Leitungen natürlich begrenzt. Man dürfe sich also nicht zu viel erwarten und sich etwa vormachen, dass die Baumkronen der gefällten Bäume wieder erreicht werden könnten, stellt der Vertreter des Landschaftsamtes fest . Stadel: „Man habe sich nun mal im Zuge der Umgestaltung der Bahnhofstraße von den alten Bäumen getrennt.“
- In der verlängerten Kleinschmidtstraße werden Pyramidenbäume – man kann auch Spalierbäume dazu sagen – gepflanzt, wahrscheinlich in Pflanzkübeln. Diese benötigen allerdings langfristig einen höheren Pflegeaufwand benötigen, meint ein Baumsachverständiger . Unter dieser Straße befindet sich eine Tiefgarage, deshalb sind dort auch nur besondere Bäume überlebensfähig. Sie werden mit Sicherheit keine großen Kronen entwickeln können. In einem Bericht der Fachverwaltung an den Gemeinderat am 17.1.2013 über den Zustand der innerstädtischen Bäume wird heftig das mangelnde Bewusstsein bei der Stadtplanung beklagt, dass”… Bäume als Lebewesen auch Ansprüche an ihre Lebensumwelt haben, die maßgeblich durch ausreichenden Wurzelraum einerseits und ausreichenden Kronenraum andererseits bestimmt werden. Dieses elementare Bedürfnis steht einer bestmöglicher Ausnutzung des vorhandenen Raumes häufig entgegen und konkurriert mit vielfältigen anderen Ansprüchen.” Scheinbar hat die Stadt Heidelberg selbst nicht den Mut, diesen beklagenswerten Zustand durch eine andere Planung zu verändern. Siehe: Informationsvorlage Zustand der Bäume im Stadtgebiet vom 17.1.2013:Informationsvorlage_Beschlusslauf-06-02-13 und Artikel in der Stadtdredaktion vom 18.2.2013)
- Bei der Frage, warum man nicht vor dem Cafe P11 einen schönen großen Baum pflanzt, der Schatten spendet, die Eingangssituation der Römerstraße betont und dabei die ungemein hässliche Eckarchitektur an der Ostseite der Römerstraße gnädig verdeckt gibt es einen offensichtlichen Dissens zwischen Bgm. Stadel und seinem Tiefbauamtsleiter, Joachim Weber. Stadel weist spontan diesen Vorschlag als nicht umsetzbar zurück. An dieser Stelle sei keine Baumbepflanzung möglich. Tiebauamtschef Weber relativiert kurz darauf und meint, man wolle das natürlich nochmals prüfen.
- Verkehrsaufkommen, Zufahrtswege und Abfahrtswege für Lieferfahrzeuge zu den neuen Gebäuden: Alexander Thewalt, Leiter des Verkehrsmanagements, meint, es sei kein größerer zusätzlicher Lieferverkehr- vor allem mit großen LKWs zu erwarten. Bei einer Verdoppelung der Nutzflächen im Vergleich zum früheren Zustand bleibt eine gewisse Skepsis zurück, ob das denn stimmen kann.
Veranstaltungsteilnehmer befürchteten, dass der vom neuen Supermarkt abfahrende Lieferverkehr von der Kurfürsten-Anlage über die verlängerte Kleinschmidtstraße durch die Bahnhofstraße zum Römerkreis fahren wird. Das sei der kürzeste Weg, um wieder zur Autobahn zu kommen. „Man brauche aber keine Befürchtungen haben. Die verlängerte Kleinschmidtstraße sei trotz darunter liegender Tiefgarage für solche Lasten gut ausgelegt“ beruhigt Bgm. Stadel die Bürger.
Heftige Diskussion in einer emotionalisierten Atmosphäre: The same procedure as every year!
Es sollte nach dem Willen des Versammlungsleiters Baubürgermeister Stadel nur um Informationen zum bald beginnenden Umbau der Bahnhofstraße gehen. Die durchaus zahlreich anwesenden BürgerInnen erhofften sich aber mehr. Denn diese Veranstaltung wurde ihnen bereits im Frühjahr 2013 versprochen als die Wogen wegen fehlender, aber versprochener Bürgerbeteiligung hoch gingen.
Nur wollte und konnte Bgm. Stadel gar nicht das nachholen, was Bürger erwarteten. Er stellte folgerichtig nur die unbefriedigende, aber fertige Planung vor. Grundsätzliche Kritik an der Planung, bspw. dass hier nur Investoreninteressen befriedigt wurden, weist er zurück und entschied, dass er nur noch Fragen zulassen wolle, die mit der Umbaumaßnahme zu tun haben. Damit kam er natürlich nicht durch. Die Emotionen schlugen also wieder mal hoch. So wie man es über das gesamte Planungsverfahren seit mindestens 2006 kennt. Die von Bgm. Stadel zu Beginn der Veranstaltung professionelle, in bekannter Weise zur Schau getragene Freundlichkeit hielt nicht lange an.
Albertus Bujard, Bewohner der Weststadt, lässt am Ende der Informationsveranstaltung seinen Frust freien Lauf.
Der Umgang der Stadtverwaltung mit Bürgern erschrecke ihn. Wichtig sei, verloren gegangenes Vertrauen zwischen Bürgerschaft und Verwaltung wiederzugewinnen. In der Art und Weise aber, wie die Informationsveranstaltung aufgezogen wurde, könne man aber dieses Ziel kaum erreichen.
Bgm. Stadels erwidert, er müsse sich im Rahmen von gemeinderätlichen Beschlüssen bewegen.
Und der Gemeinderat habe nun mal nicht beschlossen, die Planung nachzubessern sondern nur, den Bürger über die Planung zu informieren. Er könne deshalb weitergehende Erwartungen aus der Bürgerschaft nicht befriedigen.
Klingt zunächst mal plausibel. Aber nur auf den ersten Blick.
Jeder Bürger, der weiß wie politische Entscheidungen zu Stande kommen, weiß auch, dass die Fachverwaltung unter der Leitung des Oberbürgermeisters gemeinderätliche Beschlüsse vorbereitet und damit auch den Gemeinderat steuert. Dass dieser die letzte Entscheidungsverantwortung hat, ist auch richtig. Und der Gemeinderat hat tatsächlich wiederholt die investorenfreundliche Politik der Verwaltung abgesegnet. Das stösst immer wieder auf massive Kritik. Verantwortlich sind also Verwaltung und Gemeinderat. Den Gemeinderat kann der Bürger in Wahlen zur Verantwortung ziehen. Der mit dem langen Entscheidungsverfahren rund um den Bebauungsplan Bahnhofstraße/Kurfürsten-Anlage vertraute Bürger hat hoffentlich ein gutes Gedächtnis.
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